Patentiertes Saatgut.

Patentiertes Saatgut.

Über Jahrtausende hinweg, zunächst von Bauern als gemeinsames Erbe erhalten, ausgetauscht und fortentwickelt, war Saatgut bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts ein öffentliches Gut, das an die örtlichen Klima- und Bodenverhältnisse ideal angepaßt war. Anfang des 20. Jahrhunderts begann die Wissenschaft nach neueren Erkenntnissen der Genetik das Saatgut zu verbessern, an staatlichen Stellen systematisch zu erfassen und den Bauern dann zur Verfügung zu stellen. Bereits in den 30er- und 40er-Jahren machten private Züchter geistige Eigentumsrechte an neu entwickelten Sorten geltend. Sie sorgten damals aber noch dafür, daß das Saatgut frei verfügbar blieb und aus eigener Ernte gewonnenes Saatgut angebaut werden konnte. Das ist heute nicht mehr möglich. Die Bauern müssen patentiertes Saatgut jedes Jahr neu einkaufen.

Mit Mitteln der Rockefeller und Ford Stiftung wurden Hybrid- und Hochleistungssorten entwickelt, wodurch die Getreideproduktion anfangs zwar gesteigert werden konnte, allerdings auch den Einsatz von mehr Spritzgiften und Düngern erforderlich machte. In den 80er-Jahren begannen die Pflanzenzuchtfirmen systematisch in die Gentechnik zu investieren. Globale Konzerne wie Bayer werben damit, daß gentechnisch veränderte Pflanzen widerstandsfähiger gegen Krankheiten, Schädlinge oder Umweltbedingungen seien. Exklusive Patente auf gentechnische Veränderungen ermöglichten erstmals anderen die Nutzung bestimmter genetischer Eigenschaften in der Züchtung zu untersagen. Das Europäische Patentamt erteilt nicht nur auf Gen-Pflanzen Patente, sondern sogar auf konventionell gezüchtete Pflanzen, obwohl das europäische Patentrecht dies untersagt.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace bezeichnet die Genmanipulation als unberechenbar. Im Gegensatz zur Züchtung werden natürliche Grenzen ignoriert und biologische Abläufe in den Pflanzen massiv verändert. Außerdem bekommen Landwirte, welche Gen-Pflanzen im großen Stil anbauen, zunehmend Probleme mit Superunkräutern, die genauso resistent gegen die Spritzmittel werden wie die Gen-Pflanzen, was zu noch mehr Einsatz von Giften führt.

Ein großes Problem des Anbaus von Gen-Pflanzen ist der Pollenflug: Umliegende Felder mit konventionell angebauten artverwandten Pflanzen werden mit dem Pollen der Gen-Pflanzen verunreinigt. Der kanadische Farmer Percy Schmeiser (Träger des Alternativen Nobelpreises) führte mehrere Prozesse gegen den Gentechnikkonzern Monsanto, da seine sowohl mit konventionellem als auch mit biologisch erzeugtem Saatgut bestellten Felder von genverändertem Saatgut verunreinigt worden waren und Schmeiser seine Ernte nicht mehr als konventionell bzw. biologisch verkaufen konnte.

Er berichtet von Drohungen, Erpressungen und Knebelverträgen vonseiten des Unternehmens Monsanto, bei dem es sich „ …um eines der meistgehassten Unternehmen der Welt handelt, ein Unternehmen, das zentral an der Eliminierung der Rechte der Bäuerinnen und Bauern und der Redefreiheit auf der ganzen Welt beteiligt ist.“ Der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen ist eine ökonomische Katastrophe mit der Folge, daß viele Länder keine kanadischen Produkte mehr kaufen, die in irgendeinem Zusammenhang mit Raps oder Soja stehen könnten, da diese meist als Gen-Pflanzen angebaut werden.

Bauern dank Monsanto nur noch Gen-Baumwoll-Saatgut kaufen, da auf dem Markt keine Alternative mehr angeboten wird. Den Bauern wurden hohe Erträge versprochen, die sich aber nicht erzielen ließen. Dafür stiegen die Kosten für Saatgut drastisch, was bei den Bauern Schulden verursachte, welche sie meist nicht mehr zurückbezahlen konnten. Weiter hat sich gezeigt, daß beim Anpflanzen von Gen-Baumwolle 13-mal so viele Pestizide benötigt wurden. Als Folge davon erkrankten die Bauern.

Der Anbau von gentechnisch veränderten sowie patentierten, konventionellen Pflanzen begünstigte die Entscheidung für Monokulturen und sorgt mit dafür, daß die Artenvielfalt sinkt.

Das war einer der angeführten Gründe, weshalb auf der Insel Spitzbergen ein „globaler Saatgut-Tresor“ angelegt wurde. Dort lagern tiefgefroren Sämereien von Kulturpflanzen aus fast 250 Ländern. Finanziert wird die „Arche Noah für Pflanzen“ durch den Global Crop Diversity Trust, zu dessen Geldgebern u. a. die Saatgutriesen DuPont, Pioneer und Syngenta gehören, also genau die Firmen, die mit genveränderten und patentierten, konventionellen Pflanzen riesige Geschäfte machen. Es sind diese globalen Konzerne, die für die schwindende Vielfalt der Nutzpflanzen verantwortlich sind.

Wäre es nicht sinnvoller, finanzielle und politische Ressourcen dafür einzusetzen, lebende Nutzpflanzen zu sichern und anbauen zu lassen, um die Artenvielfalt zu erhalten? In Indien hat dies die alternative Nobelpreisträgerin Vandana Shiva in Angriff genommen. Sie hat dafür gesorgt, dass wieder mehr Bauern nach traditionellen Anbaumethoden mehrere verschiedene Pflanzen in Mischkultur anbauen. So wurden in Vergessenheit geratene Sorten wieder aufs Feld und den Tisch gebracht, welche stabilere Ernten bringen, gesund und nährstoffreich sind und die ganze Familie versorgen.

[LÖ]

Quellenverweise.

Gen-Pflanzen: riskant, unkontrollierbar, nutzlos.

https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/oekologische-landwirtschaft/gen-pflanzen-riskant-unkontrollierbar

Interview Percy Schmeiser.

https://georgsenf.de/eine-oekonomische-katastrophe-percy-schmeiser-im-interview/

Saatgut-Tresor in der Arktis.

https://www.br.de/nachrichten/wissen/nach-umbau-arktischer-saatgut-tresor-vor-tauwetter-geschuetzt,RwsGPEM

Sicherheit gentechnisch veränderter Pflanzen.

https://www.bayer.com/de/de/hsdf-wie-sicher-sind-gentechnisch-veraenderte-pflanzen

Kampf gegen Gentech-Saatgut in Indien. Vandana Shiva.

https://taz.de/Alternative-Nobelpreistraegerin-ueber-Gentech/!5112887/

Saatgut Indien.

https://www.brot-fuer-die-welt.de/projekte/indien-saatgutbank/

Saatgut und Patente auf Leben.

https://www.weltagrarbericht.de/themen-des-weltagrarberichts/saatgut-und-patente-auf-leben.html


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