Mykotherapie.

Mykotherapie.

Für jede Krankheit ist ein Kraut und auch ein Pilz gewachsen.

Das Wissen um die heilende Wirkung von Pilzen ist Jahrtausende alt. Es wurde im Mittelalter mit den Heilerinnen, bekannt als Hexen, fast ausgerottet, findet aber so langsam wieder den Weg nach Europa.

Dieses Wissen nennt sich Mykotherapie, abgeleitet von der lateinischen Mykologie (Wissenschaft der Pilze) und dem Wort „Therapie“ (aus griech. therapeia „Behandlung, Wartung, Pflege“) und ist schon durch den in den 1990er-Jahren gefundenen Ötzi belegbar. Diese Mumie aus dem Gletscher hatte an einem Halsband zwei Heilpilze dabei, den Birkenporling und den Zunderschwamm.

Ötzi ist ca. 5.800 Jahre alt, also aus der sogenannten späten Jungsteinzeit. Der Birkenporling wird vorwiegend bei Problemen des Magen-Darm-Traktes und bei Parasiten genommen und der Zunder zum einen, um Feuer zu machen und zum anderen bei offenen Wunden und Blutungen. Bei näherer Betrachtung der Inhaltsstoffe klingen diese wie der Inhalt eines Chemiebaukastens. Und das sind sie auch, im wahrsten Sinne des Wortes.

Es seien Terpene und Sterole, Polyphenole, Lektine, Chitin, Glucane und Exopolysaccharide und zu guter Letzt noch die Ballaststoffe erwähnt. All diese Stoffe verfügen über pharmakologische Eigenschaften und wirken antimikrobiell, antikanzerogen, antimykotisch, antiviral und haben dazu eine sogenannte adaptogene Wirkung. Das bedeutet, daß der Pilz dort wirkt, wo er soll. Er reguliert, paßt sich an und schadet nicht. Das Spektrum der Inhaltsstoffe ist vergleichbar mit einem Breitbandantibiotikum, aber ohne Nebenwirkungen. Die Schulmedizin kann von einem so perfekt ausbalancierten Mittel nur träumen und schaut sich so langsam auch in der Mykologie um.

Die Mykotherapie reicht seit ca. 20 Jahren wieder in unser Land. Das Wissen, welches seit dem Mittelalter verschollen war, kommt aus dem asiatischen und amerikanischen Raum wieder nach Europa und lebt nun erneut auf. Die traditionelle chinesische Medizin kommt ohne Pilze gar nicht aus. Der Shiitake und der Reishi liegen dort in Apotheken, sind offizielle Heilmittel und werden von Schulmedizinern so selbstverständlich verschrieben wie Hustensaft. Nun aber soll der Fokus auf die Bestandteile und pharmakologisch wirksamen Inhaltsstoffe gelegt werden.

Terpene leitet sich vom Wort Terpentin ab und kann ganz einfach mit Harz erklärt werden. Diese Stoffe sind Bestandteile von Hormonen und ätherischen Ölen. Sie sind Vorstufen zur Bildung von Vitaminen und in zig Varianten in den einzelnen Pilzen enthalten.

Sterole sind von der Struktur den Terpenen relativ ähnlich und in Pflanzen und Tieren sehr häufig in der Zellmembran anzutreffen.

Polysaccharide sind die α- und β-Glucane und können mit extrem langkettigen Zuckern übersetzt werden. Diese Stoffe sind derart komplex und besitzen Summenformeln, die eine ganze Tafel ausfüllen könnten. Die Wissenschaftler und Pharmakologen finden hier einen Baukasten der Natur, der seinesgleichen sucht. All diese Stoffe nutzt der Körper u. a. Zur Unterstützung des Immunsystems und zur Erhöhung des Informationsaustausches zwischen den Zellen und Organen. Die oben erwähnten β-Glucane sind übrigens auch in Hafer enthalten und haben außerdem eine cholesterinsenkende Wirkung.

Die Beschreibung der Inhaltsstoffe von Pilzen und deren Wirkung im menschlichen Organismus ist hier bei Weitem nicht abgeschlossen. Zu guter Letzt bleibt jedem selbst überlassen, sich mit diesem Thema tiefergehend zu befassen.

Fest steht, man kann diese „Parasiten des Waldes“ auch mit anderen Augen betrachten und sich darüber freuen, was die Natur neben dem kulinarischen Genuß an Heilungspotential zu bieten hat.

[SJ]

Quellenverweise.

Bücher:

➘ „Medicinal Mushrooms“ von Christopher Hobbs.

➘ „Heilpilzvademecum“ von Dr. Kurths.

➘ „The fungal Pharmacy“ von Robert Rogers.

➘ „Heilende Pilze“ von Jürgen Guthmann.


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