Der Wirecard-Skandal.

Der Wirecard-Skandal.

Der Finanzdienstleister Wirecard etablierte sich innerhalb von 20 Jahren unter den ersten 30 Dax-Unternehmen in Deutschland. Der Absturz des deutschen Vorzeigeunternehmens erfolgte dann 2020 abrupt und offenbarte ein Versagen der Aufsichtsgremien auf ganzer Linie.

Wirecard wickelte für seine Kunden Kreditkartenzahlungen ab. Zur Kundschaft gehörten u. a. renommierte Firmen wie der Haushaltswarenhersteller WMF, die Fluggesellschaft KLM und der Paketdienst FedEx. Um den Geldfluß auch bei ungedecktem Konto eines Kunden zu gewährleisten, unterhielt Wirecard ein weitverzweigtes Netzwerk aus Treuhandkonten. Einige dieser Konten waren in Asien angesiedelt. Dieses komplizierte Netzwerk erlaubte es der Führungsriege des Konzerns, Zahlungen von Geschäftspartnern in Höhe von 1,9 Mrd. Euro zu verbuchen, die gar nicht getätigt wurden. Durch diese geschönten Bilanzen stieg der Aktienkurs des Unternehmens. Die Manager von Wirecard kamen dadurch außerdem an Bankkredite in Millionenhöhe.

Aufgedeckt hat diesen Bilanzskandal der Journalist Dan McCrum von der „Financial Times“ (FT). McCrum behauptete in einem Interview mit der OVP-Zeitung, es gebe „Beweise, daß Wirecard ab 2010 anfing, Umsätze und Gewinne zu erfinden“. Das britische Finanzmagazin berichtete ab 2015 in der Artikelserie „The House of wirecards“ über das unklare Geschäftsmodell des deutschen Zahlungsanbieters. Anfang 2019 beschuldigte die „FT“ die Manager von Wirecard in mehreren Artikeln „in Asien Verträge, Bilanzen und Rechnungen gefälscht und Geldwäsche betrieben“ zu haben. Im April 2019 reagierte dann die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und erstattete Anzeige – gegen McCrum und einen weiteren Journalisten. Ihnen wurde unterstellt, sie hätten den Kurs der Wirecard- Aktie zum Einsturz bringen wollen, um Spekulanten, die auf Kursverluste wetteten, Gewinne zu verschaffen. Die Ermittlungen dazu wurden inzwischen eingestellt.

Wirecard verschob im ersten Halbjahr 2020 mehrmals die Veröffentlichung der Konzernbilanz. Zwischenzeitlich nahm die Staatsanwaltschaft München wegen des Verdachts der Marktmanipulation Ermittlungen gegen den Konzern auf. Die Geschäftsräume in Aschheim bei München wurden durchsucht, Wirecard- Chef Markus Braun trat zurück. Braun sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Ein weiterer Manager des Unternehmens, Jan Marsalek, tauchte mit Hilfe von Martin Weiss, einem ehemaligen Mitarbeiters des inzwischen aufgelösten österreichischen Verfassungsschutzes BVT, unter. Marsaleks Aufenthaltsort ist nach wie vor unbekannt. Der Österreicher gilt als Haupttatverdächtiger in diesem Skandal. Er wird mit internationalem Haftbefehl wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs sowie besonders schwerer Untreue gesucht.

Zur Klärung der politischen Verantwortung für diesen Skandal und um weiteren Schaden vom Finanzstandort Deutschland abzuwenden, hatte der Deutsche Bundestag einen Untersuchungsausschuß unter der Leitung von Kay Gottschalk (AfD) einberufen. Der Schlußbericht dieses Gremiums ist auf der Weltnetzseite des Bundestages veröffentlicht. In der Kritik steht hauptsächlich die BaFin, die dem Bundesministerium für Finanzen (BMF) untersteht, dessen Leiter wiederum der damalige Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) war. Gottschalk erkannte ein „Staatsversagen auf allen Ebenen“ und forderte Scholz zum Rücktritt auf. Auch die Abgeordneten von CDU, FDP, Linke und Grüne sahen das BMF in der Verantwortung.

Scholz stand wieder einmal im Kreuzfeuer der Kritik, nachdem er bereits in seiner Funktion als Erster Bürgermeister von Hamburg im Zusammenhang mit dem CumEx- Skandal keine gute Figur machte (Der Bundesbote berichtete in der letzten Ausgabe). Neben Scholz zeigten sich auch die damaligen Regierungsmitglieder Merkel und Altmaier schmallippig und wiesen jegliche Verantwortung von sich. Kay Gottschalk zeigte sich erschüttert, daß „niemand in einem Ministerium seinen Hut hat nehmen müssen“.

Karl-Theodor zu Guttenberg könnte mit seinem Rücktritt im Jahre 2011 in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen als der letzte Spitzenpolitiker, der seinen Posten räumte, um weiteren Schaden von der Glaubwürdigkeit der politischen Elite abzuwenden.

[LIS]

Quellenverweise.

Wahlkampf mit dem Wirecard Skandal:

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wie-mit-dem-wirecard-skandal-wahlkampf-gemacht-wird-17402269.html

Scholz im Visier des Wirecard Abschlußberichtes:

https://www.sueddeutsche.de/politik/wirecard-scholz-abschlussbericht-1.5329355

Wirecard Skandal – Bundesregierung mauert im Fall Marsalek:

https://www.capital.de/wirtschaft-politik/wirecard-skandal–bundesregierung-mauert-im-fall-marsalek-31807428.html

https://www.ovb-online.de/weltspiegel/wirtschaft/dan-mccrum-deckte-den-wirecard-skandal-auf-ich-hatte-einen-hammer-unter-dem-bett-zr-91581029.html

https://www.t-online.de/finanzen/news-unternehmen-verbraucher-id_89719516-wirecard-skandal-wer-ist-schuld-am-groessten-deutschen-bilanzskandal-.html

https://www.tagesschau.de/wirtschaft-faq-wirecard-101.html

https://www.tagesschau.de/investigativ-br-recherche-marsalek-flucht-weiss-wehrt-sich-101.html

https://www.bundestag.de/dokumente-textarchiv-2021-kw25-de-3ua-bericht-847030

https://de.wikipedia.org/wiki/Jan_Marsalek


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