Vom Juristen zum Dichter zum Politiker.
Über den wahrscheinlich größten deutschen Dichter ist schon so viel geschrieben worden, jedoch wollen wir eine etwas andere Betrachtungsweise aufzeigen.
Er erblickte am 28. August 1749 in Frankfurt am Main das Licht der Welt, als Sohn eines Advokaten. Seine Mutter war ebenfalls die Tochter eines Advokaten und somit legten wohl seine Eltern ihm den Umgang mit Worten in die Wiege. Bereits im zarten Alter von vier Jahren bandelte er mit der Literatur an, indem er im elterlichen Haus kleine Theaterstücke einstudierte. Sein Vater unterrichtete ihn früh zu Hause. Dies und die Lektüre in der umfangreichen elterlichen Bibliothek ermunterten den Knaben Johann, bald eigene fantastische Geschichten zu ersinnen.
Die Juristerei schien ihm ebenso in die Wiege gelegt worden zu sein. Das Jurastudium absolvierte er in Leipzig. Seinen Ausgleich zur Paragraphenreiterei suchte er in der Künstlerszene. Erwähnt wird das zweitälteste Weinlokal Leipzigs, der Auerbacher Keller – geneigte Leser von Goethes Werken werden diese Lokalität in „Faust“ wieder finden. Dort, unter Künstlern, erlernte Goethe handwerkliche Techniken wie das Radieren und den Holzschnitt. Doch das Wort war wohl eher sein Handwerk und sein erstes bedeutendes Werk, so die Nachwelt, war das „Heideröslein“ („Sah ein Knab‘ ein Röslein stehn…“) Die wachsende Unlust an der Juristerei ließ ihm genug Muse, in seiner Kanzlei weitere große Werke wie den „Götz von Berlichingen“ (1773) und „Die Leiden des jungen Werthers“ (1774) zu verfassen.
1775 begann die Karriere des Politikers Goethe. Dem Ruf des Herzog Carl August folgte Goethe nach Weimar und wurde Berater und Duzfreund des 18-jährigen Herzogs. In diesem Jahr sollen der Herzog und Goethe reichlich Spaß gehabt haben. „In Weimar geht es erschrecklich zu. Der Herzog läuft mit Göthen wie ein wilder Pursche auf den Dörfern herum, er besauft sich und genießet brüderlich einerlei Mädchen mit ihm.“ So bestürzt beschreibt Johann Heinrich Voß, ein Freund Goethes, den Umtrieb der innigen und wohl auch einander sehr zugetanen Freundschaft. Ein Jahr später wurde Goethe zum geheimen Legationsrat, mit einem stattlichen Auskommen und weitreichendem politischem Einfluß, ernannt. Rasch folgten diverse Ämter wie Leiter der Bergwerks-, Wege- und Wasserbau- sowie der Kriegskommission. Später folgte noch die Berufung zum Finanzminister. Goethe erwies sich als erfolgreich und sanierte, mittels Silber- und Kupferabbau, den Straßenbau, die Armee und die Finanzlage des Herzogtums, zum Leidwesen der Armen, denen die Abgaben zu schaffen machten.
Dermaßen beliebt bei seinem Fürsten, ersuchte dieser erfolgreich bei Kaiser Josef II. Johann Wolfgang Goethe in den Adelsstand zu erheben. Dank Johann Wolfgang von Goethe wuchs Weimar zu einer Kulturhochburg Europas. Selbst Friedrich Schiller folgte dem Ruf Goethes nach Weimar.
1786 zog es Goethe nach Italien, zum Bedauern seines Freundes Herzog Carl August. Dieser zahlte das Gehalt Goethes bis zu seiner Rückkehr für 22 Monate weiter. Nach seiner Rückkehr nach Weimar, wurde Goethe auf eigenen Wunsch von seinen Regierungspflichten entbunden. Während er die Leitung der Ilmenauer Bergbau-Kommission behielt, übernahm er die Oberaufsicht über Wissenschaft und Kunst im Herzogtum, um als freier Dichter und Künstler von der Unterstützung seines Mäzens Herzog Karl August zu leben.
Goethe erwies sich als überzeugter Monarchist. Für die „kleinen Leute“ hegte er jedoch eher oberflächliches Interesse. Er erwähnte die Zufriedenheit in der Schlichtheit ihres Seins. Wortwörtlich bewundert er „deren Beschräncktheit, Genügsamkeit, Grader Sinn, Treue, Freude über das leidlichste Gute, Harmlosigkeit, Dulden – Dulden – Ausharren …“. Viele deutsche Intellektuelle wie Schiller, Herder, Hegel, Hölderlin und vielen anderen wünschten sich, daß die Deutschen dem Beispiel des revolutionären Frankreichs folgen. Goethe sah eher eine Selbstaufgabe des Adels, wo sich der König zum ersten Staatsdiener erniedrige, anstatt zu herrschen. In seinem Anti-Revolutionsstück „Der Bürgergeneral“ hält er wahren Herrschern den Spiegel vor: „In einem Lande, wo der Fürst sich vor niemand verschließt, wo alle Stände billig gegeneinander denken, wo niemand gehindert ist, auf seine Art tätig zu sein, wo nützliche Einsichten und Kenntnisse allgemein verbreitet sind: da werden keine Parteien entstehen.“
Goethe war ein Verfechter einer geregelten Ordnung durch die Landesväter. Er war auch bereit, im Falle der Notwendigkeit, Ruhe, Ordnung und Sicherheit als oberste Staatsmaxime mit Gewalt durchzusetzen. Mit seinem Drang, die Ordnung, aber auch die steigenden Steuern gegen die Widersetzung der Ilmenauer Bauern durchzusetzen, forderte er vermehrt den Einsatz des Militärs gegen das Steuervolk. Unter den Studenten, die durch die französische Revolution beeinflußt waren, ließen der Herzog und Goethe sogar das Spitzeltum unter Studenten und Professoren einrichten. Damit wollten sie in Erfahrung bringen, wer die Aufrührer waren. Es wurden aktive Geheimgesellschaften, eventuell unter ausländischer Führung vermutet. Unter der Vermittlung des Geheimrats Goethe wurden religiöse und politisch Andersdenkende an Preußen und England verkauft. Goethe verehrte Napoleon, da dieser wieder Ordnung nach Frankreich brachte. Kritiklos blieben die Verwüstungen Rußlands durch Napoleon.
Auch stand Goethe der Bildung eines deutschen Nationalstaates entgegen, obwohl er die Deutschen als „das edelste Geschlecht“ bezeichnete.
Johann Wolfgang von Goethe starb im hohen Alter von 82 Jahren am 22. März 1832. Zurückgelassen hat er große dichterische Werke, eine erfolgreiche politische Karriere und ein Wirken, dem man vielleicht einen zweiten Blick widmen kann. Denn die Glorifizierung des größten Dichters unserer Nation scheint den einen oder anderen Makel zu haben.
[AG]
Quellenverweise.
➘ https://www.inhaltsangabe.de/autoren/goethe/
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