Ich bin Patient.

Ich bin Patient.

Seit wir immer wieder Angst haben müssen, ob und wie und wo wir im Notfall in einem Krankenhaus behandelt werden können, tritt auch die Diskussion über die, seit 2004 forcierten, Krankenhausschließungen in den Vordergrund.

Jährlich schließen im Durchschnitt 18 Krankenhäuser, in den letzten beiden Jahren waren es trotz Corona-Notstand sogar 20. Und das vor allem, weil sie nicht die nötigen Gewinne erzielt haben. Liest man die Zeitungsartikel, kann man zu der Einsicht kommen, daß von den ursprünglich über 1600 Krankenhäusern in Deutschland nur 330 übrig bleiben sollen. Da stellt sich unweigerlich die Frage: Wie wirtschaftlich darf Gesundheit sein?

Eine Forsa-Umfrage, welche im Juni 2020 in der Berliner Zeitung veröffentlicht wurde, kommt zu dem Ergebnis, daß 96 % der Bürger der Versorgung von Patienten den Vorzug vor der finanziellen Rentabilität von Krankenhäusern geben. Wer sich mit dem Thema Gesundheitspolitik schon einmal auseinandergesetzt hat, ist mit großer Wahrscheinlichkeit über das, aus dem Deutschen Ärzteblatt 38/2002 entnommene, Zitat gestolpert: „Der Wettbewerb zwingt zur Erschließung neuer Märkte. Das Ziel muß die Umwandlung aller Gesunden in Kranke sein, also in Menschen, die sich möglichst lebenslang sowohl chemisch-physikalisch als auch psychisch für von Experten therapeutisch, rehabilitativ und präventiv manipulierungsbedürftig halten, um „gesund leben“ zu können …“.

Erfreulicherweise liest man in dieser Zeitschrift der Bundesärztekammer aber auch von der im Jahr 2007 von Ärzten gegründeten Initiative „MEZIS“. MEZIS hat es sich zur Aufgabe gemacht, pharmaunabhängige Fortbildungsmöglichkeiten anzubieten, Ärzte und Patienten für das Thema der wirtschaftlichen und politischen Einflußnahme der Pharmaindustrie zu sensibilisieren, Interessenskonflikte aufzuzeigen und die Hochpreispolitik der Arzneimittelindustrie zu bekämpfen. Prof. Dr. med. Klaus Lieb wird in oben genannter Zeitschrift in seiner Ausführung zitiert, daß eine Umfrage unter 300 Ärzten ergab, daß 75 % der Befragten mindestens einmal pro Woche Besuch von Pharmavertretern bekommen und nur 10 % nach eigenen Angaben dadurch nicht beeinflußt werden. Wurden die Kollegen gefragt, war es nur noch 1% der Ärzteschaft, welche nicht durch die Pharmaindustrie beeinflußt sind.

Bei 15.000 Pharmavertretern, die jährlich 20 Millionen Besuche in Arztpraxen abstatten, fühlt man sich fast schon genötigt, Verständnis für ein solches Ergebnis zu haben. Fraglich ist dennoch, ob sich die Patienten damit abfinden wollen, daß die pharmazeutische Industrie ärztliche Fortbildungen sponsert, etwaige Themen vorgibt und Studien in eigenem Sinne beeinflußt. Patient und Gesundheit werden zu einem wirtschaftlichen Faktor. Krankenhausaufenthalte und Arzttermine werden verkürzt, Medikamente immer teurer – und immer schlechter erforscht.

Da kann man schon ins Schwärmen kommen, wenn man liest, daß im alten China der Arzt bezahlt wurde, solange der Patient gesund blieb. So war gewährleistet, daß das Wohl des Patienten im Sinne aller damit verbundenen Personen war.

Wo ist unsere Selbstachtung geblieben, daß wir unsere Gesundheit auf dem Markt verhandeln lassen?

[IBK]

Quellenverweise.

• Dtsch Arztebl 2002; 99: A 2462–2466 [Heft 38]

https://www.aerzteblatt.de/archiv/32976/Gesundheitssystem-In-der-Fortschrittsfalle

https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/deutschland-krankenhaus-schliessungen-staatlich-gefoerdertes-krankenhaussterben-li.89434?pid=true

https://www.aerzteblatt.de/archiv/64194/Unbestechliche-Aerztinnen-und-Aerzte-Mein-Essen-zahl-ich-selbst

https://mezis.de/mezis-ziele/

Fördergelder Stiftung Warentest:

https://www.n-tv.de/politik/Bund-reduziert-Zuschuesse-fuer-Stiftung-Warentest-article23076828.html

Stiftung Warentest FFP2 Kinder:

https://www.test.de/FFP2-Masken-fuer-Kinder-im-Test-5824683-0/

Ausgleichszahlungen Stiftung Warentest:

https://www.test.de/unternehmen/stiftung-5017075-5843365/

https://www.leopoldina.org/uploads-tx_leopublication-Leo-Diskussion-Medizin-und-Oekonomie_2016.pdf

Bezahlung Ärzte China – Verriß der Gesundheitspolitik:

https://www.tagesspiegel.de/politik/sachverstaendige-aerzte-sollen-fuers-gesunderhalten-bezahlt-werden/1833778.html


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