Schule von zu Hause erschien vor Corona kaum vorstellbar. Während der Quarantäne-Zeiten wurde dies mehr oder weniger gut umgesetzt und einige Eltern sind aus verschiedensten Gründen auf den Geschmack gekommen. Im Verein mit digitalem Lernen stellte der Heimunterricht vielerorts das Schulwesen auf den Kopf. Seitdem die Kultusminister durch die Corona-Krise alle 40.000 Schulen in Deutschland geschlossen hatten, geriet jetzt das Bildungssystem immer mehr unter Druck.
Neben den organisatorischen und technischen Mängeln und Schwierigkeiten bekamen die Eltern u. a. auch einmal einen tieferen Einblick in den Bildungsstand der Kinder und wie rückständig manche Schulen doch sind. Verschiedene Studien, u.a. das Leipziger Forschungsteam für frühkindliche Entwicklung, konnten entgegen den Erwartungen keine substantiellen Lerndefizite durch die Pandemie nachweisen, jedoch hatten zwei Drittel der 63 Studienteilnehmer während der Schulschließung keinen oder kaum Kontakt zu ihren Lehrern. „Das ist ein Armutszeugnis für das Bildungssystem bzw. für die Umsetzung des Fernunterrichts“, so Prof. Henrik Saalbach.
Unabhängig von Corona wird in vielen Ländern Hausunterricht betrieben, vor allem in Australien, Kanada, Neuseeland, Großbritannien und den USA. Geschätzt werden dabei einige Vorteile, wie z. B. die individuelle Förderung durch gezieltes Eingehen auf das Kind entsprechend jeweiliger Begabung, des Lerntyps und des eigenen Tempos. Angenehmes Lernen ohne unnötige Unterbrechungen und Streß, sowie mehr Freiheiten in der Unterrichtsgestaltung und dem Zeitplan stellen für viele Familien einen großen Mehrwert dar. Ebenso, daß das Unterrichtsklima selbst bestimmt wird, ohne negativen Gruppendruck, Mobbing oder Benachteiligung für lernschwache Kinder.
Laut einiger Studien sind Kinder im Heimunterricht glücklicher, seltener krank, haben mehr Erfolg und können kritischer denken. Während in einigen anderen Ländern lediglich eine Unterrichts- oder Bildungspflicht herrscht, gibt es in Deutschland eine Schulpflicht, um eine Chancengleichheit zu gewährleisten. Mit dieser Begründung wird der Hausunterricht gesetzlich verboten. Verstöße werden sogar mit Maßnahmen wie einem Entzug des Sorgerechts, Buß- und Zwangsgeldern bis hin zu Freiheitsstrafen für Eltern geahndet.
Dieser Schulzwang ist in Wahrheit ein undemokratisches Erbe des Nationalsozialismus. Der Hausunterricht wurde 1938 verboten, weil das Regime die Kontrolle über die unterrichteten Inhalte haben wollte und die Kinder ihren Eltern entfremdet werden sollten. Der staatliche Druck auf die Familien nahm bis heute immer mehr zu. Da möglichst viele Menschen zumindest lesen, rechnen und schreiben lernen sollten, gab es zwar eine Beschulungspflicht in Preußen schon 1717, aber der Privat- und Hausunterricht waren nicht verboten. Diese jahrhundertelange freiheitliche Regelung änderte sich erst unter der nationalsozialistischen Diktatur.
Der hessische Rechtsanwalt Andreas Vogt, der Eltern in Gerichtsprozessen gegen die Schulpflicht vertreten hat, findet, daß die „Repression des Hausunterrichts“ nicht nur verfassungsrechtlich „auf tönernen Füßen“ steht. Es gebe zudem viele Studien, denen zufolge zu Hause unterrichtete Schüler besser oder zumindest nicht schlechter abschneiden als andere Schüler. „Die Eltern kümmern sich meist intensiv um ihre Kinder. Das allein macht sie schon verdächtig“, meint Vogt. Der Anwalt vermutet daher zuvorderst politische Gründe, weshalb das staatliche Bildungsmonopol so „reflexhaft“ verteidigt werde, denn das Verbot stelle einen Grundrechtseingriff dar.
Der Pädagogikprofessor Volker Ladenthin der Universität Bonn bezeichnet es als Skandal, daß „bildungsambitionierte Eltern“, die ihre Kinder daheim lernen lassen, „kriminalisiert“ würden. „Die Gerichte entscheiden nicht nach pädagogischen Aspekten.“ Ladenthin plädiert für die Legalisierung und Regulierung des Hausunterrichtes und für ein Ende der Kriminalisierung von Eltern. „Es gibt keine Belege dafür, daß Schüler im Hausunterricht im Nachteil sind.“ Im Gegenteil, 2007 zeigte eine kanadische Studie: In den Vereinigten Staaten liegt fast ein Viertel der Heimschüler im Wissensvergleich eine oder mehrere Klassenstufen über ihren Altersgenossen an öffentlichen oder privaten Schulen. Vor allem, so das überraschende Ergebnis, gelte das für Kinder aus unteren sozialen Schichten. Trotz dessen, daß sich Kinder, die Zuhause unterrichtet werden, gut entwickeln und viele Eltern unzufrieden mit dem Schulsystem sind, wird diese Praxis dennoch weiter vom Staat bestraft. Warum eigentlich?
[MM]
Quellenverweise.
Vor und Nachteilen von Hausunterricht:
➘ https://www.kindererziehung.com/news-leser/der-haeusliche-unterricht-vor-und-nachteile02195.php
Schulzwang in Deutschland:
➘ https://www.aktion-kig.eu/2017/04/schulzwang-in-deutschland-seit-1938-das/
Wie Hausunterricht funktioniert:
➘ https://muttis-blog.net/homeschooling-wie-der-haeusliche-unterricht-funktioniert/
➘ https://deutsche-online-schule.com-homeschooling.html
➘ https://auswandern-info.com/wo-homeschooling-hausunterricht-erlaubt-ist
➘ https://online-sprachen-lernen.com-hausunterricht/
➘ https://praxistipps.focus.de/laender-ohne-schulpflicht-ein-ueberblick_143179
➘ https://muttis-blog.net/homeshooling-vor-und-nachteile-von-hauslichem-unterricht/
➘ https://www.zeitklicks.de/nationalsozialismus-zeitklicks-zeit-alltag-schule-und-bildung/
➘ http://homeschooling-forschung.de/
➘ https://auswandern-info.com/wo-homeschooling-hausunterricht-erlaubt-ist
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