Was sind Hausgeburten?
Hebammen leisten einen unverzichtbaren Beitrag zur gesundheitlichen Versorgung und Begleitung von Frauen, Neugeborenen und Säuglingen von Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende der Stillzeit. Sie begleiten als Spezialistinnen komplett und umfassend im medizinischen und psychosozialen Bereich. Ein Arzt wird nur dann hinzugezogen, wenn sich Komplikationen abzeichnen.
Untersuchungen zeigen, daß eine gute Hebammenbetreuung zu weniger Frühgeburten, weniger medizinischen Eingriffen während der Geburt, zu kürzeren Krankenhausaufenthalten sowie zu längerem und häufigerem Stillen führen kann. Zum Welt-Hebammentag brachte eine Umfrage prekäre Arbeitsbedingungen ans Licht, welche sich in den vergangenen 20 Jahren immer mehr verschlechtert haben sollen.
Hebammen würden z. B. genötigt, in Stoßzeiten bis zu vier angehende Mütter gleichzeitig zu betreuen, doppelt so viele wie in anderen europäischen Ländern. Zeitmangel, wodurch Pausen wegfallen, personeller Notstand, wodurch immer mehr Überstunden anfallen und fachfremde Tätigkeiten verursachen hohe Belastungen. Diese Entwicklung sorgt dafür, daß ein wachsender Teil nur noch in Teilzeit arbeitet, dem Kreißsaal den Rücken zukehrt oder diesen Beruf ganz aufgibt. Die Regierung kündigt zwar Verbesserungen an, doch jetzt müssen Taten folgen, so der Deutsche Hebammen Verband (DHV).
Wie ernst die Lage wirklich ist, zeigt die Tatsache, daß 2.700 Hebammen zu den aktuell prekären Arbeitsbedingungen „Nein“ sagen und „Ja“ zum Arbeitsplatz Klinik, jedoch nur, wenn sich vieles ändert. Dies ist ein klares Signal in Richtung Politik und Klinikbetreiber. Hinzu kommt, daß freiberufliche Hebammen über eine Berufshaftpflicht versichert sind, die sie schützt, wenn während einer Geburt Komplikationen auftreten und die Schuld auf sie verlagert wird. Die Beiträge haben sich jedoch in den vergangenen Jahren immer mehr erhöht und ein Einschluß in die private Haftpflichtversicherung wie bei anderen Berufen ist hier nicht möglich. Durch drastische Prämienanpassungen wird das Aussterben dieses Berufes riskiert.
Am Fachkräftemangel läge dies also jedenfalls nicht, so Ulrike Geppert-Orthofer, die neue Präsidentin des DHV. Hebammen gewährleisten auch unter Corona-Bedingungen bestmöglich die Versorgung von Schwangeren, Gebärenden, Wöchnerinnen und Neugeborenen. Leider haben die Kassen auch die Zuschläge für die persönliche Schutzausrüstung zu den Materialpauschalen für Hebammen nicht mehr verlängert. Dies betrifft die persönliche Schutzausrüstung für Beschäftigte, um ihre Gesundheit und Sicherheit zu gewährleisten. Sollte dies in diesen Zeiten nicht oberste Priorität haben?
Der Hintergrund ist, daß sowohl die Politik als auch der gemeinsame Bundesausschuß (G-BA) die Maßnahmen rund um die Corona-Pandemie quasi gegen null fahren. Je länger die SARS-CoV-2-Pandemie währt, desto mehr scheint jedoch auch das Thema Hausgeburt parallel immer mehr an Fahrt aufzunehmen. Mitte März 2020 beobachteten Thüringer Hebammen ein steigendes Interesse an Hausgeburten bei Schwangeren. Wochen später wurde auch aus Wiesbaden und Mainz der vermehrte Wunsch bestätigt, Klinikgeburten zu vermeiden. Dies wurde ausgelöst durch Angst und Panik angesichts der in den Medien gemeldeten COVID-19-Verbreitung.
Zu den Vorteilen einer Hausgeburt zählt grundsätzlich das vertraute Umfeld zu Hause, das einen unkomplizierten Geburtsverlauf fördert. Die heimischen vier Wände bieten eine intime und bekannte Umgebung, in der sich Gebärende besser als im Kreißsaal entspannen können. Ebenso sorgt die persönliche Betreuung und Beratung bei der Geburt zu Hause dafür, daß sie ohne die Ablenkung von Ärzten und Personal viel bewußter wahrgenommen wird. Die Risiken bei Hausgeburten sind auch nicht höher als im Krankenhaus. Abseits der öffentlichen Wahrnehmung werden seit 2015 Hausgeburten immer seltener. Die Schiedsstelle hat entschieden, nicht evidenzbasierte Ausschlußkriterien für Hausgeburten festzulegen. Diese Formulierung bedeutet nichts weniger als die berufliche Entmündigung von freiberuflichen Hebammen und die Aushebelung des Grundrechts auf freie Wahl des Geburtsortes (Sozialgesetzbuch 5, § 24). Sie bedeutet u. a., daß in Zukunft Ärzte 3 Tage nach dem Verstreichen des errechneten Geburtstermins festlegen, ob eine Hausgeburt „noch möglich“ ist, nur dann bezahlen die Krankenkassen.
Und wie so oft wird eine scheinbare Sorge in den Vordergrund gestellt, nämlich daß Hausgeburten weniger sicher als Klinikgeburten seien. Die Voraussetzungen für eine Hausgeburt waren zuvor schon äußerst eng gefaßt und nur unter ganz bestimmten Umständen möglich, wenn die Schwangerschaft als risikoarm eingestuft wurde. Nun wurde dies noch zusätzlich erschwert. Zudem befürchten jetzt Ärzte mit der Entscheidung einer Hausgeburt haftungsrechtliche Konsequenzen auf sich zukommen. Diese könnten dazu führen, sich lieber gegen eine Hausgeburt zu entscheiden. Aufgrund der vielen positiven Erfahrungen mit Hausgeburten seitens der Hebammen und der Eltern kommt die Frage auf: Was will man damit bezwecken, daß es in Zukunft keine Hausgeburten mehr geben soll und diese wichtige Entscheidung nicht mehr den Eltern überlassen sein soll?
[MM]
Quellenverweise.
Wachsendes Interesse an Hausgeburten:
Arbeitsbedingungen treiben Hebammen aus dem Beruf:
➘ https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/133964/Arbeitsbedingungen-treiben-Hebammen-aus-dem-Beruf
Hebammenverband befürchtet Untergang der Hausgeburt:
➘ https://www.praxisvita.de/hausgeburt-vorteile-risiken-und-kosten-20313.html
➘ https://weltdergesundheit.tv/kampf-gegen-das-weibliche/
➘ https://soundcloud.com/user-460466023/jede-von-uns-zahlt-statements-hebammen
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